
Pflanzenbasierte Fischprodukte: Bewährte Kompetenzen für neuen Trend
Bewährte Kompetenzen für neuen Produkttrend genutzt
Vegane Produkte sind im Trend. Wie es die Fleischwaren-Industrie bereits gezeigt hat, sind sie auch für die Fischwirtschaft eine ideale Ergänzung des eigenen Portfolios. Wie Produkte geschaffen, in das vorhandene Angebot integriert und erfolgreich vermarktet werden, gehört zu den Themen der fish international vom 04. bis 06. September 2022 in Bremen.
BettaF!sh ? TU-NAH ? Fisch vom Feld? Nein, an diesen Namenskreationen waren weder Menschen mit Rechtschreibschwäche noch mit mangelndem Biologie-Wissen beteiligt. Die Produktbezeichnungen sind Teil der Vegan-Welle, die nach der Fleischwirtschaft nun auch die fischverarbeitende Branche erreicht hat. Bereits vor zwei Jahren war der Trend auf der fish international in Bremen sichtbar. Im kommenden Februar werden weitere Aussteller Ideen, Entwicklungen und Produkte für Pflanzen-basierte Alternativen zu Zubereitungen aus Fisch präsentieren. „Wir erleben gerade die Entstehung eines neuen Produktbereiches in der Fischwirtschaft“, sagt Sabine Wedell, Projektleiterin der Messe Bremen für die einzige deutsche Fisch-Fachmesse: „Die Zahl und Bandbreite der Produkte wächst, zudem wird das Geschmackserlebnis immer besser.“
Die Liste an veganen Alternativen zu Fischprodukten und Meeresdelikatessen wird mit zunehmender Geschwindigkeit immer länger. Inzwischen sind unter anderem Thuna und Salmon Sashimi, veganer Back,fisch‘, Kibberlinge, Stäbchen und auch eine Art Caviar sowie eine Reihe weiterer Produktentwicklungen auf dem Markt. Im Handel und in der Gastronomie finden sich zudem Zubereitungen wie Fischfinger, Burger, Crabcakes und Fischfilet sowie Plant-based Tuna in verschiedenen (Salat) -variationen. Die Nachfrage ist bereits groß, Tendenz weiter steigend.
Das Start-up BettaF!sh gehört zu den jüngsten Anbietern veganer Fisch-Alternativen in Deutschland. Mit den „TU-NAH“-Sandwiches entwickelten die Berliner Jungunternehmer gerade eine vegane Alternative zu dem altbekannten Klassiker, deren Belag in Textur und Geschmack sehr nahe an das Vorbild einer Paste aus tatsächlichem Thunfisch kommt. Die Entwicklung scheint den Verbrauchern zu gefallen: Mitte Oktober nahmen die Aldi-Ketten Nord und Süd das Produkt in insgesamt 4000 Filialen. BettaF!sh lieferte insgesamt fünf Tonnen. „Die Hälfte der Ware war innerhalb von zwei Tagen verkauft“, freut sich Deniz Ficicioglu, die das Unternehmen gemeinsam mit Jacob von Manteuffel gegründet hat.
Die Unternehmensphilosophie und die Produktbasis von BettaF!sh verdeutlichen stellvertretend für weitere Anbieter, dass die Entwicklung pflanzlicher Alternativen im ureigensten Interesse der Fischwirtschaft sein sollte. „Das Thema Überfischung und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion wird uns in der Zukunft noch viel stärker beschäftigen als heute“, ist Deniz Ficicioglu überzeugt, „entsprechend wird die Fischwirtschaft auch Alternativen als Ergänzung zu den Kernprodukten anbieten müssen.“ Zudem ist die Berliner Unternehmerin überzeugt, dass der Markt für vegane Produkte in nächster Zeit grundsätzlich wachsen wird: „Wir stehen am Anfang eines Trends, der schon bald wie ,Bio‘ vor ein paar Jahren boomen wird.“
Für vegane Alternativen zum Fleisch werden zumeist pflanzliche Proteine zum Beispiel aus Weizen oder Erbsen verwendet. Die beiden Berliner Gründer setzen dagegen bewusst auf eine maritime Variante. Ihr TU-NAH basiert auf Algen, die von einem Experten aus der Lachsindustrie in Norwegen in einem Fjord gezüchtet werden. Vor der Gründung von BettaF!sh hatte sich Jacob von Manteuffel bereits mehrere Jahre mit Meeresalgen als Grundlage für Lebensmittel befasst. Für die Verwendung in der Thunfisch-Alternative sowie für die ebenfalls von BettaF!sh produzierten veganen Meeressalate „Oceanfruit“ sprachen aber nicht nur Faktoren wie Geschmack, Omega3-Fettsäuren-Gehalt oder die Konsistenz „Die Produktion vom Meeresalgen kann Fischern und Fischzüchtern langfristig eine Alternative bieten, wenn die Fischerei und die Fischzucht - so wie es sich schon abzeichnet - weiter eingeschränkt werden muss“, betont von Manteuffel. So könne die Fischwirtschaft ihre traditionellen Kompetenzen für Neues wie vegane Produkte nutzen und die eigene Zukunft langfristig sichern.
Die Entwicklung veganer Alternativen zum Fisch bedarf allerdings eines zielgerichteten Vorgehens. Zu den Produktpionieren gehört der Bremerhavener Tiefkühlkosthersteller Frosta, der vor gut einem Jahr „Fisch vom Feld“ in den Handel brachte. „Unsere Anforderung war es, mit den neuen Produkten möglichst dicht an Geschmack, Textur und Nährwerte der Vorbilder aus Fisch heranzukommen“, berichtet Brandmanagerin Caroline Wilm. Wie BettaF!sh stellt Frosta hohe Ansprüche an die Nachhaltigkeit des Produktes: „Konkret bedeutete dies, dass wir zum Beispiel auf Komponenten wie Soja verzichteten.“ Für vegane Alternativen gilt zudem ein Grundsatz: „Viele Verbraucher denken mittlerweile darüber nach, auf tierische Produkte zu verzichten - aber nicht auf den gewohnten Geschmack.“
Für die Bremerhavener kam eine besondere Herausforderung hinzu: „Der Geschmack unserer veganen Produkte sollte nicht im Labor entstehen, sondern durch natürliche Zutaten“, betont Caroline Wilm. Ein mit Aromen, Geschmacksverstärkern, Farbstoffen und Konservierungsstoffen zusammengesetztes Gericht kam für Frosta nicht in Frage. Eineinhalb Jahren benötigten die Produktentwickler, um aus Schwarzwurzeln mit Hilfe von Hanfsamenprotein und Leinöl eine schmackhafte Alternative zu klassischen Fischstäbchen und Schlemmerfilets zu kreieren, die auch den notwendigen Protein-und Omega-3-Anteil enthält. Genau wie BettaF!sh stießen die Bremerhavener großes Interesse auf Seiten des Handels: „Deshalb ist die Fischwirtschaft gut beraten, das Thema Vegan für sich zu entdecken“, betont Caroline Wilm. Der Trend sei nicht aufzuhalten: „Wenn wir uns nicht selbst daran beteiligen, werden andere, die vielleicht mit Fisch gar nichts zu tun haben, dieses Feld besetzen.“
